29.12.2010

Lagebericht zur IT-Sicherheit

Kritische Infrastruktur: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat seinen Lagebericht zur IT-Sicherheit für das 3. Quartal 2010 herausgegeben. Führendes Thema ist der Trojaner "Stuxnet", da er eine ganz neue Art von Schadsoftware darstellt: Das Programm dient nicht dem Ausspähen von Daten, sondern der Manipulation von Industrieanlagen.

Das Nationale IT-Lagezentrum gibt in regelmäßigen Abständen Lageberichte zur Sicherheit in der Informationstechnilogie (IT) heraus. Im aktuellen Quartalsbericht wird die Gefährdungslage für die IT-Sicherheit als erhöht bewertet, was insbesondere durch Angriffe auf das mTAN-Verfahren beim Online-Banking und den Trojaner "Stuxnet" begründet wird.

"Stuxnet" wurde Mitte Juni bekannt. Er hatte Siemens-IT-Systeme in Industrieanlagen befallen (SCADA-Software WinCC von Siemens). Der Umfang des Trojaners sowie seine hochprofessionelle Programmierung deuteten darauf hin, dass er über längere Zeit von einer größeren Anzahl von Programmierern entworfen worden sein muss. Da die Schadkomponente des Programms nur unter ganz bestimmten Bedingungen aktiv wird, wurde vereinzelt der Verdacht geäußert, der Trojaner sei gezielt gegen die Iranische Atomanlage "Buschehr" gerichtet gewesen. Der Wurm sei auch in der Lage infizierte Anlagen verdeckt Fehlfunktionen auszulösen und so zu sabottieren.

Das BSI bewertet Stuxnet wie folgt:

"Stuxnet ist weniger als konkrete Schadsoftware alarmierend – wichtig ist vielmehr der nun vorliegende Nachweis über die Möglichkeit von Angriffen dieser Qualität. Es gibt demnach Täter, die weder Kosten noch Mühen scheuen, um wichtige Ziele mittels IT an-zugreifen und möglichst unbemerkt zu sabotieren. Bislang wurden Angriffe auf Kritische Infra-strukturen und ihre Prozesssteuerungssysteme wegen der vermeintlich geringen Wahrschein-lichkeit als „Restrisiko“ akzeptiert – nun gilt es, diese Risikobewertung neu vorzunehmen."


Der Lagebericht ist ansprechend und verständlich verfasst und umfasst Alles in Allem 20 Seiten. Einige Grafiken veranschaulichen den Text. Die Inhalte des Lageberichts (Volltext als pdf) im Einzelnen:

Die IT-Sicherheitslage im Überblick

Angriffe & Ereignisse
- Stuxnet - ein Warnsignal für die IT-Sicherheit
- Trojaner ZeuS stiehlt mobile TANs
- Voice-over-IP verstärkt im Visier von Angreifern
- Experiment beeinträchtigt Stabilität des globalen Internet

Bedrohungen & Gefahren
- Kritische Schwachstellen in Adobes PDF- und Flash Programmen
- Neuer Trojaner „Carberp“ späht Zugangsdaten aus
- Wie sicher sind Telefonate über GSM-Handys

Trends & Statistik
- Zugangsdaten sind weiterhin heiß begehrt
- Bösartige Datenströme vor allem aus Russland, Brasilien und Taiwan


Verzeichnis aller erschienenen Lageberichte des BSI

26.12.2010

Häufung schwerer H1N1-Grippe in England

B-Gefahren: Die Gesundheitsbehörden in Großbritannien melden eine Häufung schwerer Influenza-Verläufe bei jungen Erwachsenen mit Grunderkrankungen. Die Patienten mussten auf Intensivstationen aufgenommen und teilweise mittels extrakorporaler Membranoxygenation (ECMO) zur Überbrückung eines akuten Lungenversagens behandelt werden. Bisher sind 10 Todesfälle zu verzeichnen.

Die Betroffenen waren jeweils mit dem Influenza-Stamm A(H1N1)2009 ("Schweine-Grippe") infiziert, so berichtet das Epidemiologische Bulletin in der Ausgabe 50/2010.

Auch in der Bundesrepublik ist die Influenza-Aktivität ansteigend. Überwiegend wird auch hier der H1N1-Stamm gefunden, seltener der bis 2008 grassierende H3N2-Stamm.

Die Befunde aus England untersteichen die Wichtigkeit sich als Risikoträger (Person mit kardiopulmonalen Vorerkrankungen, Personen über 6o Jahren, Schwangere, sowie alle Beschäftigten im Gesundheitswesen) jetzt noch rasch gegen die Grippe impfen zu lassen. Im diesjährigen saisonalen Grippeimpfstoff sind die Stämme A(H1N1), A(H3N2) sowie ein B-Stamm enthalten.

Die USA haben übrigens seit dieser Saison eine generelle Impfempfehlung für die komplette Bevölkerung ausgesprochen, soweit keine Kontraindikation vorliegt.

21.12.2010

Jahresrückblick

In eigener Sache: KatMedBevSchtz-Blog wird eins! Einhundertsechzehn Posts, über 9.000 Aufrufe (davon allein 2.000 im Dezember), 460 Fans auf facebook... Ein erfolgreiches erstes Jahr für das Projekt KatMedBevSchtz-Blog.

Dafür möchte ich mich bei allen Lesern ganz herzlich bedanken, die Ihr meine Arbeit das ganze Jahr über mit Eurer Aufmerksamkeit gewürdigt und unterstützt haben.

Meine Vorsätze fürs Neue Jahr? Weiter durchhalten und regelmäßig posten, vielleicht die Qualität der Beiträge noch weiter verbessern, vielleicht auch mal wieder den einen oder anderen Audio-Beitrag produzieren. Und weiter auf das Interesse und die Beteiligung meiner treuen Leserschaft hoffen.

In diesem Sinne wünsche ich allen Aktiven im Bevölkerungsschutz friedvolle Feiertage und ein gesundes, erfolgreiches und sicheres Jahr 2011.

Euer KatMedBevSchtz-Blogger
Michael Dittmar




*** Zu guter Letzt ... ;-)***

...treffen sich zwei Rosinen.
Sagt die eine:
"Warum hast Du denn Helm und Stirnlampe dabei?"
Sagt die zweite:
"Ich muss heute noch in den Stollen."

******

18.12.2010

Lizenzfreies Bildmaterial zum Katastrophenschutz

Aus- und Fortbildung: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Aber woher gutes und kostengünstiges Bildmaterial für Vorträge oder Veröffentlichungen bekommen? Ich habe zwei Quellen für lizenzfreies Bildmaterial rund um Katastrophen und den Katastrophenschutz gefunden...

Die Anbieter stammen beide aus den USA, also sind auch die Bilder meist amerikanisch geprägt. Um die Bibliotheken zu durchsuchen sind auch gewisse Englischkenntnisse nötig, aber was solls:

Hurricane Katrina / FEMADie US-amerikanische Katastrophenschutzbehörde FEMA (Federal Emergency Management Agency) bietet (überwiegend) lizenzfreies Bild-, Ton- und Videomaterial an. Die Dateien dürfen für nicht-kommerzielle Zwecke unter Nennung der Quelle (FEMA) auch in elektronischen und Printmedien veröffentlicht werden. Einzelne Elemente sind urheberrechtlich geschützt, hier müsste eine Erlaubnis eingeholt werden. Viele der Bilder zeigen politische Presseaufnahmen. Hier rechts ein Beispiel zum Hurricane Katrina in Louisiana.

Die Bildersuche ist nicht sehr komfortabel da es keine ausgefeilte Navigationsfunktion gibt. Also ein wenig Geduld mitbringen!

URL: FEMA Multimedia Library, FEMA Photo Library


Besser zurecht findet man sich in der Public Health Image Library (PHIL) der Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Hier sind die Bilder von der Startseite an nach Art der Katastrophe gruppiert. Entsprechend dem Auftrag der CDC liegt ein Schwerpunkt der Bilder auf Infektionskrankheiten und Bioterrorismus (hier links z.B. die Grafik eines Influenza-Viruspartikels).

Auch hier sind die meisten Bilder lizenzfrei, nur ausnahmsweise besteht ein Urheberrecht. Auch hier wird bei Veröffentlichung um eine Nennung der Quelle gebeten.

URL: Public Health Image Library (PHIL)


Viel Spass beim Stöbern!

15.12.2010

Stufenanschlag in Stockholm

TerrorismusTerrorismus: Am vergangenen Samstag wurde Stockholm von zwei terroristisch motivierten Bombenattentaten heimgesucht, bei denen glücklicherweise vergleichsweise geringe Schäden entstanden sind. Aus Sicht der Gefahrenabwehr tückisch war die Ausführung als Stufenanschlag.

Nach bisherigen Erkenntnissen brachte der Attentäter zunächst einen Sprengsatz in seinem abgestellten Fahrzeug zur Explosion. Wenig später detonierte dann eine Bombe die der Terrorist an seinem Körper trug, etwa 200 m entfernt vom ersten Schadensort.

Aus einsatztaktischer Sicht hat der Täter somit zunächst einen stationären primären Sprengsatz gezündet, gefolgt von einer sekundären Explosion durch eine mobile, am Körper des Attantäters getragene Bombe. Den Ort des zweiten Anschlags konnte er dadurch theoretisch flexibel an die jeweilige Situation anpassen, um den Schaden zu maximieren. Nach Zeitungsberichten gehen die Ermittlungsbehörden davon aus, dass der islamisch motivierte Täter die zweite Explosion in einer nahe gelegenen, belebten Einkaufsstraße oder im Bereich des Bahnhofs auslösen wollte. Genauso ist aber denkbar, dass statt dessen die Bereitstellungs- oder Behandlungsräume der Rettungskräfte, oder Pulks von Schaulustigen getroffen werden sollten. Ein solches Ziel hat er aber zum Glück nicht gefunden, oder die Bombe ist vorzeitig ungewollt hoch gegangen.

Diese Vorgänge unterstreichen die Bedeutung einer angepassten Einsatzstrategie beim Massenanfall von Verletzten bei Terrorverdacht. Statt einer sonst üblichen Konzentration von Patienten und Ressourcen an einem Behandlungsplatz bzw. Bereitstellungsraum, sollte beim Verdacht auf terroristisches Geschehen eine dezentrale Patientenversorgung an mehreren räumlich getrennten Patientenablagen erfolgen. Auch sind größere Bereitstellungsräume sowie Menschenansammlungen an Betreuungsplätzen oder von Schaulustigen an Absperrungen zu vermeiden.

Nicht ganz aus den Augen verlieren darf man auch die Möglichkeit, dass es sich hier um einen Probelauf für einen späteren, größeren Anschlag ähnlicher Machart gehandelt haben könnte (der dann nicht zwangsläufig in Schweden passieren muss...). Es wäre aus Sicht der Terroristen durchaus vernünftig in solchen Probeläufen die Reaktion der Sicherheitskräfte zu testen, um die eigene Strategie zur Schadensmaximierung entsprechend weiterentwickeln zu können.


Mehr zum Thema Terrorabwehr im KatMedBevSchtz-Blog:

12.12.2010

Kritische Infrastruktur in Europa aus U.S.-Sicht (WikiLeaks)

Kritische Infrastruktur: Sie sind Terrorist und möchten die USA treffen ohne ins Land reisen zu müssen? Kein Problem: Bei WikiLeaks können Sie jetzt nachlesen wo im Ausland Sie zuschlagen müssen um die Vereinigten Staaten hart zu treffen. Ich habe auch mal reingelesen...

WikiLeaks ist ein Internetdienst der, je nach Sichtweise, zum organisierten Geheimnisverrat oder zur Erhöhung der Transparenz in der internationalen Politik beiträgt. Aktuell im Angebot sind geheime Dokumente des US-Außenministeriums. Mindestens eines davon ist aus deutscher Bevölkerungsschutz-Sicht von Interesse:

Das Pamphlet mit der Kennung 09STATE15113 [WikiLeaks] vom Februar 2009 enthält eine Liste mit für die USA kritischer Infrastruktur im Ausland. Diese Auslandsressourcen sollten in den amerikanischen National Infrastructure Protection Plan eingehen, welcher zum Schutz solcher Einrichtungen beitragen soll, welche bei Zerstörung zu gravierenden Einschnitten in der US-amerikanischen inneren Sicherheit, der Wirtschaftsleistung und/oder des Gesundheitssektors führen würden.

Aus deutscher Sicht handelt es sich bei diesen Einrichtungen wohl um besonders durch terroristische Angriffe bedrohte Ziele, die in der Notfallplanung besonderes Augenmerk verdienen. Daher möchte ich eine Liste der in o.g. Dokument erwähnten Schlüsseleinrichtungen im deutschsprachigen Raum anfügen. Einer Wertung der Arbeit von WikiLeaks möchte ich mich dabei ausdrücklich enthalten.

Auszüge aus dem WikiLeaks-Dokument 09STATE15113 (Ausführungen in eckigen Klammern sind eigene Anmerkungen; einzelne Orts- und Firmennamen wurden von mir in Bezug auf die Rechtschreibung korrigiert):

Deutschland:


  • TAT-14 undersea cable landing, Norden, Germany [Deutscher Anlandepunkt für das transatlantische Daten-Seekabelsystem TAT-14, Wikipedia, Grafik auf www.tat-14.com].

  • Atlantic Crossing-1 (AC-1) undersea cable landing Sylt, Germany [weiteres transatlantisches Unterseekabel, welches u.a. in Westerland auf Sylt anlandet, Wikipedia].

  • BASF Ludwigshafen: World's largest integrated chemical complex.

  • Siemens Erlangen: Essentially irreplaceable production of key chemicals.
    Siemens, GE, Hydroelectric Dam Turbines and Generators.

  • Draeger Safety AG & Co., Luebeck, Germany: Critical to gas detection capability.

  • Junghans Feinwerktechnik Schramberg, Germany: Critical to the production of mortars [=Mörser].

  • TDW - Gesellschaft für verteidigungstechnische Wirksysteme, Schrobenhausen, Germany: Critical to the production of the Patriot Advanced Capability Lethality Enhancement Assembly.

  • Siemens, Large Electric Power Transformers 230 - 500 kV Siemens, GE Electrical Power Generators and Components.

  • Druzhba Oil Pipeline [Erdölleitung "Druschba" oder "Freundschaft", die in zwei Strängen durch Süd- bzw. Ostdeutschland läuft, Wikipedia].

  • Sanofi Aventis Frankfurt am Main, Germany: Lantus Injection (insulin).

  • Heyl Chemisch-pharmazeutische Fabrik GmbH: Radiogardase (Prussian blue) [Unlösliches Berliner Blau, bindet radioaktives Cäsium im menschlichen Verdauungstrakt, siehe http://www.gifte.de/Antidote/radiogardase.htm].

  • Hameln Pharmaceuticals, Hameln, Germany: Pentetate Calcium Trisodium (Ca DTPA) and Pentetate Zinc Trisodium (Zn DTPA) for contamination with plutonium, americium, and curium.

  • IDT Biologika GmbH, Dessau-Rosslau, Germany: BN Small Pox Vaccine [Pocken-Impfstoff].

  • Biotest AG, Dreieich, Germany: Supplier for TANGO (impacts automated blood typing ability).

  • CSL Behring GmbH, Marburg, Germany: Antihemophilic factor/von Willebrand factor [Hersteller von Gerinnungsfaktoren].

  • Novartis Vaccines and Diagnostics GmbH, Marburg, Germany: Rabies virus vaccine [Impfstoff gegen Tollwut].

  • Vetter Pharma Fertigung GmbH & Co KG, Ravensburg, Germany (filling): Rho(D) IGIV [Immunglobuline].

  • Port of Hamburg [Hamburger Hafen].


Österreich:


  • Baxter AG, Vienna, Austria: Immune Globulin Intravenous (IGIV).

  • Octapharma Pharmazeutika, Vienna, Austria: Immune Globulin Intravenous (IGIV).


Schweiz:


  • Hoffman-LaRoche, Inc. Basel, Switzerland: Tamiflu (oseltamivir) [Influenza-Medikament].

  • Berna Biotech, Berne, Switzerland: Typhoid vaccine [Typhus-Impfstoff].

  • CSL Behring AG, Berne, Switzerland: Immune Globulin Intravenous (IGIV).

09.12.2010

Psychologie und Krisenverhalten

Forschung: Zwei aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen beschäftigen sich mit dem Thema Krisenpsychologie. In der Zeitschrift New England Journal of Medicine (NEJM) werden die Reaktionen auf Impfangebote gegen die pandemische Influenza diskutiert. Ein Artikel in Psychological Science deckt einen Zusammenhang zwischen angstschürender Berichterstattung in den Medien und der Bereitschaft vorgeschlagene Maßnahmen des Krisenmanagements zu befolgen auf.

Obwohl die abgelaufene Grippepandemie weniger dramatisch ablief als befürchtet war sie ein guter Testlauf für das weltweite Krisenmanagement, meinen Katherin Harris & Co. in NEJM (N Engl J Med 2010; 363:2183-2185). Offenbar wird, dass es nicht gelungen ist die Bevölkerung rechtzeitig gegen die neue H1N1-Influenza zu immunisieren. Neben der verspäteten Verfügbarkeit eines Impfstoffs lag dies auch an der mangelnden Bereitschaft der Bevölkerung sich impfen zu lassen. In den USA ließen sich nur 20% die Impfung verpassen, und selbst unter Beschäftigten im Gesundheitsbereich lag die Impfquote nur bei mauen 50%. Insbesondere diejenigen die auch die saisonale Grippeimpfung ablehnen standen dem Pandemie-Impfstoff skeptisch gegenüber.

Folglich reicht es bei weitem nicht aus einen sicheren, effektiven Impfstoff rasch in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen. Vielmehr muss auch bei den potentiellen Empfängern die Bereitschaft geschaffen werden die Immunisierung anzunehmen. Die Kenntniss wie dies bewerkstelligt werden könnte ist jedoch noch unterentwickelt: Forschungsgelder fließen fast ausschließlich in die biomedizinische Impfforschung, während die sozial- und verhaltenswissenschaftlichen Aspekte der Notfallvorsorge kaum gefördert werden.

Einen Hinweis wie Vertrauen in die Empfehlungen der Wissenschaftler geschaffen oder verloren werden kann liefert die Zeitschrift Psychological Sciences in der Januar-Ausgabe laut einer Pressemeldung: Setzt man Versuchspersonen Nachrichtenartikel vor, die die Gefahren der globalen Erwärmung betonen und entsprechend Endzeit-artige Szenarien herauf beschwören sinkt das Vertrauen in den Wahrheitsgehalt der Aussagen des Artikels. Werden demgegenüber jedoch mögliche Lösungen des Klimaproblems in den Vordergrund gerückt und damit eine Perspektive geboten steigt die Glaubwürdigkeit der dargebotenen Fakten und gleichzeitig auch die Bereitschaft zur eigenen Verhaltensänderung.

Diese Erkenntnisse können Grundlagen für eine wissenschaftlich fundierte Krisenkommunikation liefern. So folgern die Autoren aus Ihrer Arbeit: "Angst-gestützte Apelle, insbesondere wenn sie nicht mit klaren Lösungsperspektiven verbunden werden, können das Gegenteil des gewünschten Effekts erzielen", nämlich das Vertrauen in die Handlungsempfehlungen zu schmälern anstatt zu einer zielgerichteten, situationsadäquaten Verhaltensänderung zu motivieren.

06.12.2010

Infoblatt Nr. 3 des DKKV erschienen

Medien-Tipp: Das Deutsche Komitee Katastrophenvorsorge e.V. (DKKV) veröffentlicht in regelmäßigen Abständen einen Infobrief. Die 3. Ausgabe dieses Jahres ist soeben erschienen.


Themen sind:
- Waldbrände und Waldbrandvorsorge 2010: GFMC im Einsatz zwischen Brandenburg, Naher Osten, Südkaukasus und Russland
-„Storm Surgess Congress 2010“ in Hamburg vom 12. – 17. September 2010
- Neue Herausforderungen für die Frühwarnung
- Bonn Dialogues: Environment and Health: The Role of Climate Change
- 11. Forum Katastrophenvorsorge in Potsdam, 18./19.01.2011

Das Infoblatt kann unter www.dkkv.org heruntergeladen oder als Newsletter bestellt werden.

03.12.2010

Förderband auf dem Dach gegen Schneelast

Naturkatastrophen: Große Flachdächer sind bei heftigem Schneefall von Einsturz bedroht und müssen frei geräumt werden. Dies geschieht meist unter hohem Personaleinsatz in Handarbeit. Eine findige Idee hat nun der Elektronikversand Conrad in die Tat umgesetzt: mittels Schneefräse und Förderbändern dauert die Räumung nur ein Drittel der Zeit, und das mit dem halben Personal.

Die Logistikzentrale von Conrad in Wernberg-Köblitz in der Oberpfalz (Foto) ist so groß wie sechs Fußballfelder. Um das Dach vom Schnee zu befreien sind 70 Leute sechs bis acht Tage beschäftigt. Künftig sollen Förderbänder auf dem Dach den Schnee über den Rand befördern. Schneefräsen werfen den Schnee von der Dachfläche auf die Bänder.

Wie das aussieht lässt sich einem Artikel der Mittelbayerischen Zeitung vom 26.11. entnehmen. Demnach sei Conrad auch bereit, das know-how für die Schneeförderbänder anderen Interessierten zur Verfügung zu stellen.

30.11.2010

deNIS: Unfallgefahren im Winter

deNIS: Das deutsch Nofallvorsorge-Informationssystem (deNIS) hat ein Themenspecial zu winterlichen Unfallgefahren zusammengestellt.

Angeboten werden Links zu Fahrsicherheitstipps im Winter oder oder den Eisregeln der DLRG:

www.denis.bund.de

27.11.2010

Bevölkerungsschutz-Magazin: Panik in Menschenmengen

Medien-Tipp: Panik in großen Menschenansammlungen kann desaströse Folgen haben. Dies wurde uns nicht zuletzt durch die Vorkommnisse während der Loveparade in Duisburg oder beim Wasserfest in Phnom Penh wieder vor Augen geführt. Mit dem Thema Panikforschung beschäftigt sich nun ein Beitrag in der jüngsten Ausgabe des Bevölkerungsschutz-Magazins.

Weitere Themen der Ausgabe sind:
•CBRN-Aktionsplan der EU
•Deutschland ist gut vorbereitet
•Das BiGRUDI Projekt – schnelle BT-Diagnostik für unterwegs?
•Da lieg was in der Luft
•Krisenmanagement in NRW
•Netzwerke für den erfolgreichen Bevölkerungsschutz

Hier geht's zur Ausgabe 04/2010 des Magazins Bevölkerungsschutz.

Das Bevölkerungsschutz-Magazin wird vier mal im Jahr vom BBK herausgegeben und kann kostenfrei über das Internet bezogen werden. Frühere Ausgaben können über das Archiv eingesehen werden.

21.11.2010

HEIKAT - Handlungsempfehlungen bei Terrorverdacht

Terrorismus: Im Jahr 2008 haben das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, die Feuerwehren und die Hilfsorganisationen eine Handlungsempfehlung für alle Einsatz- und Führungskräfte in der Gefahrenabwehr herausgegeben. Aus aktuellem Anlass möchte ich diese nochmals in Erinnerung rufen.

HEIKAT steht für "Handlungsempfehlungen zur Eigensicherung für Einsatzkräfte der Katastrophenschutz- und Hilfsorganisationen bei einem Einsatz nach einem Anschlag". Die Empfehlungen sind in Form einer kurzen Broschüre und als Taschenkarte für den Einsatz erhältlich.

19.11.2010

Konkrete Terrorgefahr in Deutschland

Terrorismus: Bundesinnenminister de Maizière warnt vor einer konkreten Terrorgefahr in Deutschland. Möglicherweise sind noch für den November Anschläge in der Bundesrepublik geplant. Laut Bundespolizeichef Seegerer läge die Anschlagsgefahr auf einer zehnstufigen Skala aktuell bei neun.

Dies ist die bis dato deutlichste Warnung der Politik vor möglichen Terrorakten. Nachdem bisher stets lediglich vor einer abstrakten Gefährdung gesprochen wurde, wird die Gefahr nun als konkret und aktuell bezeichnet. Die Regierung vermutet,dass Anschläge noch für den November in Vorbereitung sind; Terrorkommandos seien auf dem Weg nach Deutschland. Nähere Angaben zu einem möglichen Wo und Wie wurden nicht gemacht.

All dass ist kein Grund zur Panik, schließlich würde man damit nur den Zielen von al Qaida in die Hände arbeiten: nämlich Angst, Verunsicherung und Instabilität zu streuen. Es gäbe auch keinen Anlass bestimmte Orte zu meinden. Gleichwohl wurden bereits Teile des Münchner Hauptbahnhofs abgesperrt um Personenkontrollen zu erleichtern.

Aus meiner Sicht sollte diese Warnung Anlass für alle Aktiven im Bevölkerungsschutz sein mal wieder die eigene Einsatzbereitschaft und Notfallvorsorge zu überprüfen. Insbesondere sollten wir sicherstellen, dass unsere Familien versorgt sind, auch wenn wir einige Tage von zu Hause weg sein müssen. Wie seht es aus mit den Vorräten (Nahrung, Wasser, Treibstoff, Bargeld, Medikamente, Tierfutter) und Vorbereitungen auf Strom- und Kommunikationsausfall (Taschenlampen, Batterien, netzunabhängiges Radio)? Nützliche Hinweise zur Notfallvorsorge hierzu gibt das Informationssystem deNIS.

Mehr zu diesem Thema auf dem KatMedBevSchtz-Blog unter den Themen Terrorismus und Notfallvorsorge.

15.11.2010

Fachtagung zu Kritischer Infrastruktur in München

Aus- und Fortbildung: Kritische Infrastrukturen - ein Thema dessen Bedeutung für den Bevölkerungsschutz oft unterschätzt wird. Denn wenn im Einsatzfall der Strom für längere Zeit ausfällt, ist eine EDV-gestützte Abwicklung oder dringend notwendiger Funkverkehr nicht möglich. Grund genug für die Bereitschaft München des BRK sich des Themas "Kritische Infrastrukturen" im Rahmen der jährlichen Fachtagung "Führen von Einsatzkräften" am 13. November anzunehmen.

Hochkarätige Dozenten aus dem Staatsministerium des Inneren, des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, des Münchner Referats für Gesundheit und Umwelt und der Stadtwerke München haben heute über ihre Vorbereitungen und Erfahrungen aus Übungen und Einsätzen zu diesen Themen referiert. Auch konkrete Beispiele waren mit Vorträgen über die Evakuierung der neurologischen Klinik Bad Neustadt und die Lovaparade in Duisburg vertreten.

Alle Referenten stellten die besondere Wichtigkeit einer umfassenden Vorbereitung für auf ersten Blick unrealistische Szenarien und die damit Verbundene Koordination zwischen den einzelnen Behörden, Referaten und beteiligten privaten Unternehmen heraus. Im Form der zweijährigen länderübergreifenden Übung LÜKEX [Lexikon] des Bundesamtes für Bevölkerungsschutzes und Katastrophenhilfe wird dies bereits seit Jahren bundesweit beübt.

"Wir konnten heute erneut zeigen, dass die Vorbereitung auf den Katastrophenfall wichtig und notwendig ist und ständig erneuert werden muss", so Volker Ruland, der Tagungsleiter des Münchner Roten Kreuzes. Die Hilfsorganisationen leisten dazu auch in Form der jährlichen Fachtagung "Führen von Einsatzkräften" einen wichtigen Beitrag. Denn durch den regen fachlichen Austausch entstehen auch die notwendigen Netzwerke für den Einsatzfall. In der Industrieausstellung können sich die Besucher darüberhinaus über den neusten technischen Stand der Anbieter informieren.

Die Münchner Fachtagung "Führen von Einsatzkräften" findet jährlich im November statt und richtet sich an Führungskräfte aus allen Organisationen und Behörden in Bayern. Jedes Jahr wird ein Thema von Dozenten aus dem gesamten Bundesgebiet und mitunter aus dem benachbarten Ausland kritisch und detailliert beleuchtet.

Quelle: BRK

11.11.2010

Kaprun: 10 Jahre nach der Katastrophe und die verzweifelte Suche nach einem Schuldigen

Kommentar: Am 11. November 200o starben beim Brand in der Kapruner Gletscherbahn 155 Menschen [Wikipedia]. Am 10. Jahrestag bekräftigten die Angehörigen Ihre Enttäuschung darüber, dass bisher kein Schuldiger für die 155 persönlichen Katastrophen identifiziert ist. Doch selten lässt sich für Katastrophen eine singuläre Ursache verantwortlich machen.

Der Ruf nach Gerechtigkeit erschallt laut dieser Tage vom Fuß des Kitzsteinhorns und klingt fast wie ein Ruf nach Vergeltung. Was aus Sicht der Opferhinterbliebenen, die sich von einem Schuldspruch vor Gericht eine Erlösung von der quälenden Frage nach dem Warum erhofften, irgendwie verständlich erscheint, geht aber an der Realität der Katastrophenentstehung vorbei:

Kaum eine Katastrophe lässt sich auf eine isolierte Ursache zurückführen, fast immer handelt es sich vielmehr um ein sogenanntes Systemversagen, im Volksmund gerne "Verkettung unglücklicher Umstände" genannt. Meist braucht es viele kleine Fehler in der Planung, der Ausführung, der Überwachung, der Fehler-Früherkennung und dem Krisenmanagement damit ein technischer Prozess derart entgleist.

Auf die Gletscherbahn übertragen könnte das etwa heißen, dass (und die Elemente dieser Kausalkette sind von mir zu Anschauungszwecken frei erfunden) vielleicht Person A einen nicht perfekt geeigneten Heizlüfter ausgesucht, Firma B einen kleinen Konstruktionsfehler gemacht, Firma C beim Einbau ein wenig geschludert, Person D einen Defekt improvisiert repariert, die Aufsichtsbehörde E bei der Überprüfung ein Auge zugedrückt, Fahrgast F seine Skijacke auf dem heißen Gerät abgelegt und Fahrer G die Rauchentwicklung nicht ernst genommen habe könnte. Man muss nun kritisch fragen ob diese Versäumnisse für sich genommen eine Verurteilung rechtfertigen würden...?

Die Theorie des Systemversagens hat auch seinen positiven Aspekt: Durch Identifizierung und sytematische Vermeidung kleiner, banal erscheinender Risikosituationen lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines Disasters erheblich senken. Mit diesem Ansatz hat es der Chemie-Konzern Du Pont vor langer Zeit geschafft, seine Betriebsunfallrate auf unter 2% des Branchendurchschnitts zu senken.

Der Wunsch der Betroffenen nach Antworten ist zu respektieren. Allerdings sollte sich die Presse und vor allem die Justiz nicht von dem Ruf nach dem Verantwortlichen beeinflussen lassen. Die Wahrheit ist zu ausführlich als dass sie in eine Schlagzeile passen könnte.

06.11.2010

Diskrepantes Sicherheitsniveau im Reiseverkehr

Kommentar: Beim Fliegen herrscht eine echte Zwei-Klassen-Abfertigung, zumindest was das Sicherheitsniveau angeht: Fluggäste werden im wahrsten Sinne des Wortes bis auf die Haut gescannt, während Luftfracht (bisher) nur stichprobenartigen Sicherheitskontrollen unterworfen wird. Und im Bahn- und Schiffsverkehr gibt es praktisch gar keine Kontrollen. Das wirft die Frage auf ob diese Zwei-Klassen-Sicherheit Sinn macht.

Terroristen schmuggeln Bomben in Flugzeuge - doch diesmal nicht im Handgepäck als zu mischende Flüssigkeiten o.ä. sondern indirekt per Luftfracht. Gleich zwei unabhängige Serien solcher Paketbombenanschläge sind in diesen Tagen omnipräsent in den Medien: Einmal ging es im Namen Osama Bin Ladens vom Jemen an verschiedene jüdische Einrichtungen in den USA, das andere Mal waren es griechische Terroristen die es auf europäische Staatsorgane abgesehen hatten. Beim ersten Beispiel ist es dem saudischen Geheimdienst zu verdanken, dass die explosive Fracht rechtzeitig abgefangen wurde (und ohne die sehr konkreten Hinweise wäre der Sprengstoff selbst bei der Überprüfung nicht gefunden worden), die Sprengsätze der zweiten Serie haben es bis zum Empfänger geschafft. Wieder einmal ist es den Terroristen, ob hoch- oder nur mittelgradig organisiert, gelungen eine Sicherheitslücke auszunutzen, und im internationalen Luftfrachtverkehr mal kräftig auf die Bremse zu treten. Es muss zweifelsohne von Glück gesprochen werden, dass nichts Schlimmeres passiert ist.

Die weitere Entwicklung ist leicht vorherzusagen: Die Schwächen in der Luftfrachtsicherheit werden unter großem Aufwand geschlossen werden, während sich al-Qaida eine neue Schwachstelle suchen und erneut zuschlagen wird. Vielleicht schaffen wir es ja das eine oder andere Mal den militanten Extremisten zuvor zu kommen und Sicherheitslücken zu schließen bevor sie missbraucht werden. Was wäre etwa einfacher als eine Bombe in einen Schnellzug zu schmuggeln und bei voller Fahrt explodieren zu lassen? Was wenn gerade ein zweiter ICE entgegen kommt? Ein zweites Eschede wäre garantiert. Nicht viel freundlicher sähe es bei einem Bombenanschlag auf ein großes Passagierschiff auf hoher See aus. Man muss sich kritisch fragen warum die Kontrollen an Flughäfen derart scharf und an Bahnhöfen praktisch inexistent sind.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Ganz so leicht wird es nicht sein, dann wer möchte schon auf seinem täglichen Weg mit dem Zug zur Arbeit eine halbe Stunde für Nacktscanner-gestützte Sicherheitskontrollen aufwänden - von den Kosten ganz zu schweigen? Gegen den organisierten internationalen Terrorismus hat sich die Staaten übergreifende Zusammenarbeit der Geheimdienste im jüngsten Fall bewährt. Gegen spontane Einzeltäter wird so schnell jedoch kein Kraut gewachsen sein. Wie aber kann man Bahnfahrgäste schützen wenn sich die Wahrscheinlichkeit solcher Anschläge nicht reduzieren lässt? Nach der Risikoformel (Risiko = Eintrittswahrscheinlichkeit x Schadensausmaß) blieben noch die klassischen Maßnahmen der Katastrophenvorbereitung zur Senkung des Schadenspotentials: Erstellen und Beüben von Alarmplänen, Ausbildung, Material- und Personalvorhaltung etc. Doch sind wir auch auf innovative Ideen in der Schadensprävention angewiesen. Wie wäre es beispielsweise mit der Entwicklung sichererer Züge: Man stelle sich einen Wagon vor der bei einer Detonation die Druckwelle durch Sollbruchstellen nach oben ableitet anstatt aus dem Gleis gerissen zu werden. Die Frage nach der Machbarkeit solcher Konzepte sollte den Ingenieuren gestellt werden - und nicht am Geld scheitern.

Bei der Terrorabwehr müssen wir Fantasie und Entschlossenheit an den Tag legen, sonst wird es eines Tages doch noch ein böses Erwachen im eigenen Land geben.

25.10.2010

Zunahme von eingeschlepptem Dengue-Fieber in Deutschland

B-Gefahren: In 2010 wurden in Deutschland so viele Dengue-Fieber-Fälle berichtet wie noch nie seit Einführung der Statistik. Besonders viele Erkrankungen sind nach Thailand-Reisen zu verzeichnen. Dies berichtet das Epidemiologische Bulletin in seiner heutigen Ausgabe.

In den Monaten August bis Oktober wurden bisher 79 Dengue-Virus-Infektionen gemeldet, der Durchschnitt der letzten neun Jahre für diese Monate liegt bei 16 Fällen. Neben Thailand sind andere asiatische (Indien, Malaysia, Indonesien, Philippinen, Laos), südamerikanische (Brasilien, Venezuela, Kolumbien) und Länder der französich-sprachigen Karibik (Guadeloupe, Martinique) häufige Quellen eingeschleppter Dengue-Infektionen.

Das Dengue-Virus ist ein Flavi-Virus, welches durch Stechmücken (Aedes-Arten), insbesondere Aedes aegypti (tagaktiv, stechen hauptsächlich in der Dämmerung) übertragen wird. Die Erkrankung reicht von milden Verlaufsformen bis zum schweren hämorrhagischen Fieber oder Dengue-Schock-Syndrom (Letalität der schweren Formen 6 bis 30%). Die Therapie ist rein symptomatisch.

Mehr Informationen zum Dengue-Fieber gibt es in der RKI-Publikation "Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten".

Quellen: Epidemiologisches Bulletin vom 25.10.10

08.10.2010

Weltkatastrophenbericht 2010 des DRK

Naturkatastrophen: Katastrophen treffen arme Städte empfindlicher als wohlhabende. Das ist die Kernaussage des neuen Weltkatastrophenberichts des Roten Kreuzes. Die Elendsviertel der schnell wachsenden Großstädte Afrikas und Asiens bieten ihren Bewohnern kaum Schutz vor Naturkatastrophen oder Industrieunfällen und deren Folgen wie Krankheiten, Obdachlosigkeit und Verlust der Existenzgrundlagen. Der Klimawandel verschärft dieses Problem.

Große Städte in großer Gefahr - so lautet der Untertitel des Weltkatastrophenbericht 2010. Er beleuchtet den weltweiten Trend zur Urbanisierung, nennt Katastrophenrisiken im städtischen Raum und gibt Empfehlungen, was auf lokaler Ebene nach einer Katastrophe und zur Vermeidung von neuen Katastrophen getan werden kann.

Mehr zum Weltkatastrophenbericht auf den Seiten des DRK.

Zum Herunterladen: World Disaster Report 2010 – auf Englisch (PDF, 220 Seiten, 7 MB)

Das Video zum Weltkatastrophenbericht:

05.10.2010

Ausland sieht steigende Terrorgefahr in Deutschland

Terrorismus: Die USA und Großbritannien warnen ihre Bürger vor steigender Gefahr von Terroranschlägen in Europa und speziell auch Deutschland. Entsprechende Reishinweise wurden diese Woche herausgegeben.

Das US-amerikanische Außenministerium weist seine reisenden Bürger darauf hin, dass es Hinweise für Anschlagsplanungen durch Al Kaida für den europäischen Raum gibt. Für möglich gehalten werden insbesondere Anschläge auf öffentliche Verkehrsmittel und touristische Einrichtungen. US-Bürgern wird empfohlen, sich vor Europareisen registrieren zu lassen. Dieser Hinweis stellt jedoch keine Reisewarnung dar, bei von Reisen nach Europa generell abgeraten werden würde.
Den vollständigen englischsprachigen Hinweis finden Sie hier.

Die britischen Behörden warnen vor einer "großen Bedrohung durch Terrorismus in Deutschland". Ziele könnten wahllos ausgewählt sein und auch Orte mit hoher Frequentierung durch ausländische Gäste einschließen.
Hier geht es zu den Reisehinweisen des britischen Außenministeriums.

02.10.2010

MANV-Ausbildung und -Taktik in Israel: "Was nicht einfach ist funktioniert einfach nicht."

Kongressbericht: Im letzten Beitrag vom Hauptstadtkongress der DGAI möchte ich über ein ergreifendes und faszinierendes Referat von Chaim Rafalowski vom Roten Davidstern Israel berichten. Er gab einen Überblick über die Ausbildung für und das Vorgehen bei der medizinischen Versorgung nach Terroranschlägen.

Ein Video zeigte Impressionen von Einsatzstellen nach Selbstmordanschlägen. Der wohl augenfälligste Unterschied zu Szenarien im eigenen Land dürfte das Chaos an der Einsatzstelle sein. Zahlreiche Einsatzkräfte, Militärangehörige und Zivilisten versuchen den Verletzten zu helfen. Herr Rafalowski erläuterte, dass gar nicht erst versucht würde die Einsatzstelle von hilfsbereiten Unbeteiligten zu räumen, da das aussichtslos sei. Solange noch blutende oder schreiende Opfer vor Ort seien, würde die Bevölkerung ein Verbot zu helfen nicht akzeptieren. Auf meine Frage wie denn so die Beteiligten vor CBRN-Kontamination oder Sekundär-Anschlägen geschützt werden könnten erwiderte er dass man ohnehin nie wüsste ob und wo es zu einem Zweitschlag kommt. Er berichtete von dem Fall eines sekundären Sprengsatzes, der genau hinter der später errichteten Sicherheitsabsperrung entdeckt wurde. Sicherheitsabstand zum Anschlagsort führt unter diesen Umständen also nur zu Scheinsicherheit. Anschläge mit schmutzigen Bomben seien glücklicherweise bisher nicht vorgekommen.

Die israelische Notfallrettung ist ein Paramedic-basiertes System ohne regelhafte ärztliche Beteiligung. Im Großschadensfall übernimmt der ersteintreffende Paramedic die Einsatzleitung und behält diese bis zum Einsatzende, egal wie erfahren oder unerfahren er auch sein mag. Die Sichtung wird von den Paramedics nach dem START-Algorithmus durchgeführt, die Behandlung läuft nach vorgefertigten Behandlungsprotokollen. Auch über das Transportziel entscheiden die Einsatzkräfte vor Ort. Nicht durchgesetzt hat sich bisher ein Patientenkennzeichnungssytem im Sinne von Anhängekarten oder farbigen Bändern. Die Dokumentation wird wie im Routinebetrieb auf Notfallprotokollen geführt, oder auch gar nicht (!).

Rafalowski hat aus seiner Erfahrung heraus einige Lehren gezogen die er recht griffig vorgetragen hat:
- Nur was sich im Routinebetrieb bewährt hat wird auch in der Katastrophe funktionieren
- Was nicht einfach ist wird einfach nicht funktionieren
- Jedermann muss durch Ausbildung auf Katastrophen vorbereitet werden
- Entscheidend ist die Handlungskompetenz, nicht theoretisches Wissen
- Übe, übe nochmal, simuliere, frische auf, und zwar unter realitätsnahen Bedingungen!

29.09.2010

Der österreichische Weg: Notfall- und Katastrophenmedizin-Ausbildung trennen

Kongressbericht: Auf dem Hauptstadtkongress HAI 2010 der DGAI berichtete Dr. Bernd Mayer, Lehrbeauftragter für Katastrophenmedizin an der Universität Graz, über seinen Ansatz in der katastrophenmedizinischen Ausbildung. Er betonte dass die katastrophenmedizinische von der notfallmedizinischen Ausbildung abzugrenzen sei.

Dr. Mayer formulierte sechs Thesen mit Hilfe derer die Ausbildung in Katastrophenmedizin vorangebracht werden sollte:
1. Notfallmedizinische Ausbildung ist nicht gleichzusetzen mit katastrophenmdizinischer Ausbildung
2. Eine EU-weite Vereinheitlichung der Ausbildungsinhalte ist notwendig
3. Einheitliche Ausbildungsrichtlinien führen zu einer Angleichung von Nomenklatur, Equipment und Einsatzstrategien
4. Ausbildungssegmente die verstärkt vermittelt werden müssen sind:
- Besonderheiten der katastrophenmedizinischen Versorgung
- Einsatztaktik bei spezifischen Ereignissen
- Logistik
- Mangement der humanitären Katastrophe
- internationale Rechtsordnung
- Ethik und Soziologie
- Katastrophenpsychiatrie und -psychologie
5. Einfachheit und situationsbezogenes Handeln
6. Bereitstellung entsprechender Lehrunterlagen

Kommentar:
Aus meiner Sicht macht es wenig Sinn, die notfall- und katastrophenmedizinische Ausbildung entschieden zu trennen, da
1. jeder in der Notfallversorgung Tätige Strategien zum Management von Diskrepanzen in Versorgungsbedarf und verfügbaren Ressourcen beherrschen können muss (z.B. erstes Team am Verkehrsunfall mit mehreren KFZ),
2. Einsatzkräfte der Routine-Gefahrenabwehr auch die tragende Säule der Katastrophenabwehr sind, die nicht das Feld räumen wenn der Katastrophenfall ausgerufen wird.
Daher sollte eher die Aus- und Fortbildung für den Großschadensfall verstärkt in die Notfallmedizin-Schulung eingebunden werden.

26.09.2010

deNIS: Informationen und Ratschläge zur Selbsthilfe

deNIS: In dem Themenspecial "Für den Notfall vorgesorgt - ein Angebot des BBK" erläutert das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sein Informationsangebot zur Selbsthilfe der Bevölkerung.

Neben der Broschüre "Für den Notfall vorgesorgt" weist das BBK auf seine Merkblätter zu Hygiene unter erschwerten Bedingungen, zum Ausfall der Energieversorgung und auf eine ganze Reihe weiterer Informationsquellen rund um den Selbstschutz hin.

23.09.2010

Ausbildung für CBRN-Schadenslagen

Kongressbericht: Auf dem Hauptstadtkongress HAI 2010 der DGAI in Berlin referierte Jürgen Schreiber (Projektkoordinator bei der Ständigen Konferenz für Katastrophenvorsorge und Bevölkerungsschutz) über Ausbildungsanforderungen für Einsatzkräfte im CBRN-Einsatz.

Als Grundlage für die CBRN-Ausbildung steht das Curriculum "Standardisierte ABC-Grundausbildung" sowie neuerdings das Curriculum "Arzt im CBRN-Einsatz" zur Verfügung. Nach Herrn Schreiber ist anzustreben, dass alle Mitwirkendem im Gesundheitsschutz eine Basisausbildung in der CBRN-Abwehr durchlaufen.

Konkret sind folgende Anforderungen an Einsatzkräfte im CBRN-Einsatz zu stellen:
- CBRN-Gefahren müssen erkannt werden
- Selbstschutzmaßnahmen müssen beherrscht werden
- die Persönliche Schutzausrüstung muss angewendet werden können
- Medizinische Erstmaßnahmen müssen durchgeführt werden
- suffizientes Informationsmanagement
- Durchführung der Dekontamination Verletzter (Dekon-V)
- Anleitung betroffener Personen
- angemessene Einsatznachsorge ist durchzuführen (Biomonitoring, psychosoziale Unterstützung)

Zudem sollten auch die Bürger verstärkt in Selbsthilfe ausgebildet werden.

20.09.2010

Expertendiskussion: Einsatz von Telemedizin bei MANV

Kongressbericht: Auf dem Hauptstadtkongress HAI 2010 der Dt. Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) vom 16. - 18. September war auch für Katastrophenmedizin-Interessierte einiges geboten. Über ausgewählte Kongressbeiträge möchte ich hier berichten: In einer Expertendiskussion wurde das A.L.A.R.M.-Projekt vorgestellt, ein Vorhaben zur Entwicklung innovativer IT-Lösungen zur Einsatzunterstützung bei Großschadenslagen.

A.L.A.R.M. steht für "Adaptive Lösungsplattform zur aktiven technischen Unterstützung beim Rettten von Menschenleben" und ist ein Gemeinschaftsprojekt der Berliner Feuerwehr, der Klinik für Anästhesiologie der Berliner Charité, dem Telemedizincentrum der Charité und einer ganzen Reihe weiterer Partner. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

In der Kongresssitzung stellten die Moderatoren Dr. Martin Schultz (Telemedizincentrum) und Dr. Torsten Schröder (Klinik für Anästhesiologie, Charité) zunächst das Projekt vor. Ein wichtiges Werkzeug des Konzepts sind Triage-Module, kleine vernetzte Handheld-Rechner zur Unterstützung der Sichtung. Auf ihnen ist der modifizierte mSTART-Algorithmus hinterlegt. An der Einsatzstelle werden die Sichtungsergebnisse auf Patientenarmbänder elektronisch gespeichert und zudem über ein Wireless Ad-hoc-Netzwerk an die anderen Komponenten übertragen.

Im Anschluss an die Vorstellung diskutierten Prof. Andrea Berghold (Med. Universität Graz), Dr. Hanspeter Bubser (Bundeswehrkrankenhaus Berlin, DGKM), Wilfried Gräfling (Feuerwehr Berlin), Dr. Thomas Helms (Dt. Stiftung für chronisch Kranke), Dr. Jan-Peter Jansen (Schmerzzentrum Berlin) und Pierre Steiger (Björn-Steiger-Stiftung) in einer Podiumsdiskussion das Projekt.

Mehr Informationen über das Projekt gibt es im Internet unter www.alarm-projekt.de.

17.09.2010

Newsletter des DKKV erschienen

Nachricht: Das Infoblatt 2/2010 des Deutschen Komitees Katastrophenvorsorge e.V. (DKKV) ist erschienen.

Themen dieser Ausgabe:
- Expertentreffen auf Einladung der EEA (European Environmental Agency) in Kopenhagen am 19. und 20.05.2010
- 7. Bonn Dialogues mit 140 Teilnehmern
- Tagung in Davos vom 30.05. – 03.06.2010
- Resilient Cities – Konferenz des Netzwerkes ICLEI im Mai in Bonn
- Internationale Konferenz zum Katastrophenmanagement, Beijing, 19. und 20.06.2010
- Ankündigung 11. Forum Katastrophenvorsorge: Risiko 2.0 Neuer Umgang mit alten Naturgefahren, 18. – 19.01.2011 in Potsdam

Der Infobrief wird in Kürze auf der DKKV-Homepage verfügbar sein.

14.09.2010

Interview mit Bayer. Innenminsiter Herrmann zum Zivildienst-Wegfall

Führung und Taktik: In einem Interview des Behörden-Spiegels äußert sich der bayerische Staatsminister des Inneren Joachim Herrmann zum Wegfall des Zivildienstes und seinen Folgen für den Katastrophenschutz.

Herrmann zeigt sich besorgt über den Wegfall der durch Zivildienst und Helferverpflichtung bisher akquirierten Einsatzkräfte im Katastrophenschutz. Er sieht vor allem den Bund in der Pflicht für eine finanzielle Kompensation zu sorgen, da dieser für den Wegfall der Wehrpflicht verantwortlich zeichnet. Daneben fordert er die Stärke der Bundeswehr nicht so weit abzusenken dass ihre Schlagkraft für den Katastropheneinsatz im Inneren kritisch abnimmt.

Das Interview vom 13.09. im Volltext finden Sie hier.

11.09.2010

AKNZ-Jahresprogramm 2011 erschienen

Aus- und Fortbildung: Mitte August ist das Jahresprogramm der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) für 2011 erschienen.

Neben Seminaren für politisch Verantwortliche, Führungskräfte und Expertengremien gibt es in kommenden Jahr auch wieder einige Seminare für Einsatzkräfte und Kräfte der unteren Führungsebenen. Auch das Angebot der Virtuellen Akademie wurde ausgebaut.

Das Programm steht zum Download auf den Seiten des BBK bereit.

Verwandte Artikel:
- Thomas Mitschke neuer Leiter der AKNZ (05.02.2011)
- Alle Beiträge rund um die AKNZ

08.09.2010

Jede zweite deutsche Firma ohne Pandemieplan

Notfallvorsorge: Die Influenza-Pandemie ist offiziell beendet, doch die nächste kommt bestimmt. Etwa die Hälfte der deutschen Unternehmen hat sich immer noch nicht systematisch auf einen großflächigen Krankheitsausbruch vorbereitet, wie eine Studie des Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF) ergab. Dabei können die Auswirkungen einer Pandemie ein Unternehmen in den Ruin treiben.

Wesentliche Gefahren für Firmen resultieren aus hohen Ausfallquoten des Personals (entweder direkt wegen eigener Krankheit oder indirekt zur Pflege erkrankter Angehöriger oder Kinderbetreuung bei geschlossenen Schulen oder Kindergärten) oder dem Ausfall von Zulieferungen oder sonstiger betriebswichtiger Infrastruktur. Kann die Arbeit nicht erledigt werden, kann es zum Verlust von Aufträgen und Vertragsstrafen bei Fristablauf kommen.

Vor allem kleinere Unternehmen halten solche Planungen für überflüssig, obwohl gerade sie Personalausfälle schlechter kompensieren können. Von besonderer Bedeutung ist die betriebliche Notfallvorsorge für Einrichtungen der kritischen Infrastruktur, vor allem für den Bevölkerungsschutz selbst.

Ein wichtiger Aspekt bei der betrieblichen Notfallplanung ist die All-Hazards-Strategie [Lexikon]: Hilft ein Influenza-Pandemieplan beim Ausbruch einer anderen ansteckenden Erkrankung oder bei Betriebsstörungen aufgrund anderer großflächiger Ereignisse? Notfallpläne müssen also ausreichend allgemein gehalten sein um ein breites Spektrum von Störereignissen abdecken zu können.

Weitere Informationen zur betrieblichen Risikovorsorge gibt es auf den Internetseiten des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Auswahl):
- Handbuch betriebliche Pandemieplanung (2008)
- Kurzinformation betriebliche Pandemieplanung (2007)
- Methode zur Risikoabschätzung (2010) ; siehe auch KatMedBevSchtz-Blog-Post

Quellen: Pressemeldung vom 12.08., Editorial im Deutschen Ärzteblatt vom 20.08.

05.09.2010

Katastrophenwiederaufbau: Die Armen verlieren, die Volkswirtschaft gewinnt?

NaturkatastropheNaturkatastrophen: Katastrophen treffen selbst in Industrienationen vor allem die sozial Schwachen, während die Gesellschaft als Ganzes durchaus profitieren kann. Dies erläutert John Mutter in einem Meinungsartikel in der Wissenschaftszeitschrift Nature (Nature 2010 (466), 1042) am Beispiel des Hurrikan Katrina, der sich in diesen Tagen zum fünften Mal jährt.

Selbst nach dieser Zeit ist in New Orleans lange nicht alles beim Alten: Die ärmeren Stadtteile der Metropole sind erst zu 24 % wieder bevölkert. Auch wichtige Infrastruktureinrichtungen wie Geschäfte, Schulen und Tankstellen sind weg geblieben. Den Armen ehemaligen Hauseigentümern fehlt, trotz staatlicher Hilfe, häufig das Geld für den Wiederaufbau. Dem gegenüber steht ein Zuwachs der Besiedelung in privilegierten Gegenden von 57 % im Vergleich zur Zeit vor der Überflutung.

Die gute Nachricht: Falls der Wiederaufbau nach größeren Schadensereignissen richtig durchgeführt wird, kann die betroffene Gesellschaft durchaus profitieren. Voraussetzung sei, so Mutter, dass nicht die Wiederherstellung des Vor-Zustands im Rahmen des Katastrophenaufbaus angestrebt wird, sondern nicht optimale Strukturen gezielt verbessert werden. Als Beispiel führt er eine für den tatsächlichen Bedarf zu schmale Brücke an, die von einem Unwetter weggespült wird. Wird diese durch ein bedarfsgerechtes, flutsicheres Bauwerk ersetzt, verbessern sich die Lebensbedingungen für die Bevölkerung und auch die Wirtschaft profitiert. Tatsächlich stand Alaska 5 Jahre nach dem Erdbeben von 1964 besser da als vor dem "Unglück". In den Industrienationen scheint die Wirtschaft insgesamt durch Katastrophen eher gestärkt als geschwächt zu werden.

Die Quintessenz aus diesen Erkenntnissen: Die Zunahme der Kluft zwischen Arm und Reich nach Katastrophen muss entschiedener angegangen werden. Durch richtigen Wiederaufbau, der sich nicht am Vorzustand sondern am Besseren orientiert können betroffene Gesellschaften von Katastrophen durchaus profitieren.

Quellen: Nature 2010 (466), 1042 (kostenpflichtig), Interview mit John Mutter im Nature podcast vom 26.08.2010 (kostenfrei, englisch)

02.09.2010

Welches Analgetikum durch Rettungsassistenten in Notkompetenz?

Führung und Taktik: In der Stellungnahme der Bundesärztekammer (BÄK) zur Medikamentenapplikation durch Rettungsassistenten (RAs) in Notkompetenz wird die Gabe eines Analgetikums mit aufgeführt. Seither gibt es viele Diskussionen rund um dieses Thema aber noch kein überzeugendes Konzept. Mit der flächendeckenden Einführung der Funktion des Ärztlichen Leiters Rettungsdienst (ÄLRD) gewinnt dieses Thema neue Aktualität. Aber welches Medikament könnte für den Einsatz durch RAs geeignet sein?

Zahlreiche Organisationen und ärztliche Standesvertretungen haben Stellungnahmen zum Thema Analgetikagabe in Notkompetenz abgegeben (BÄK, BAND / DIVI, Bundesverband der Ärztl. Leiter Rettungsdienst), noch zahlreichere Publikationen diskutieren das Thema kontrovers (s.u.). Allen gemeinsam ist dass ein überzeugendes Kozept bisher fehlt, und die Organisationsverantwortung dem ÄLRD auferlegt wird.

Die Gabe von Medikamenten durch Nicht-Ärzte stellt einen Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz und, je nach Substanz und Zubereitung, ggf. auch gegen das Betäubungsmittel- und das Arzneimittelgesetz dar und ist strafbar. Zusätzlich kann der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt sein. Daneben könnten arbeits- und haftungsrechtliche Konsequenzen drohen. Die Strafbarkeit der Medikamentenverabreichung kann unter bestimmten Umständen durch den §34 StGB (rechtfertigender Notstand) abgewendet werden, sofern diese die einzige Möglichkeit darstellt, Gefahr für ein höherwertiges Rechtsgut (Leben, Gesundheit) abzuwenden.

Eine wichtige Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Medikamentengabe durch RAs ist dass das Mittel auch geeignet ist einen relevanten Nutzen für den Patienten zu bringen. In Bezug auf Schmerzbehandlung heißt das, dass die Schmerzlinderung schnell einsetzen und stark wirksam sein muss, damit der Patient von einer Behandlung vor Eintreffen des Notarztes profitieren kann. In Grafik 1 ist der Nutzen für den Patienten bei stark wirksamer und rasch einsetzender Analgesie als blaue Fläche zwischen den beiden Schmerzverläufen (blaue Linie: Schmerzverlauf wenn auf den Notarzt gewartet wird; rote, gestrichelte Linie: Analgesie durch RA in Notkompetenz) dargestellt. Solche rasch und stark wirksamen wären etwa i.v. applizierte Opiate oder Ketamin / Esketamin.

Ist für die Analgesie in Notkompetenz jedoch ein Mittel oder eine Applikationsform vorgesehen, die zwar eine starke, aber langsam einsetzende Wirkung hat (z.B. Opiat subkutan oder Ketamin intramuskulär), ist der Gewinn für den Patienten nur gering (wieder dargestellt als blaue Fläche in Grafik 2). Das gleiche gilt für schwach wirksame Analgetika, selbst wenn die Wirkung rasch einsetzt (Grafik 3). Für die meisten Analgetika die für den Einsatz in Notkompetenz diskutiert werden gilt jedoch dass sie schwach wirksam und langsam anschlagend sind (Suppositorien, Parecoxib), schon deshalb weil einige selbst bei i.v.-Gabe langsam als Kurzinfusion gegeben werden müssen (Metamizol, Paracetamol i.v.). Hier ist für den Patienten gegenüber dem Warten auf den Notarzt mit seinen Möglichkeiten zur Opiat- oder Ketamingabe überhaupt kein Nutzen zu erwarten.

Der Anwendung der verfügbaren stark und rasch wirkenden Analgetika durch RAs in Notkompetenz stehen schwerwiegende Argumente entgegen: Die stark wirsamen Opiate unterliegen dem Betäubungsmittelgesetz, was eine Verwendung durch RAs ohne individuelle ärztliche Anordnung rechtlich nicht zulässt. Esketamin, und mehr noch Ketamin, sind primär Narkosemedikamente mit potientellen schweren Nebenwirkungen (Atemstillstand, Albträume, Hypersalivation). Die Anwendung von Ketamin wird sogar nur Ärzten mit Erfahrung in Anästhesie oder Notfallmedizin empfohlen. Zur Unterdrückung von Nebenwirkungen ist häufig eine Begleitmedikation erforderlich (Benzodiazepine und/oder Atropin).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aus meiner Sicht die Analgetikagabe durch RAs vor Eintreffen des Notarztes nur dann zulässig ist, wenn ein Weg gefunden werden kann bei dem das Rettungsfachpersonal ein schnell und stark wirksames Analgetikum verwenden kann. Es erscheint fraglich ob es derzeit ein Schmerzmittel auf dem Markt gibt, welches für eine Applikation in Notkompetenz geeignet ist. Alternative Organisationsformen, wie eine telefonische ärztliche Einzelfalldelegation während des Einsatzes an entsprechend qualifizierte Assistenten, sollten bei der Diskussion nicht aus den Augen verloren werden.

Quellen:
Stellungnahmen: BÄK, BAND / DIVI, Bundesverband der Ärztl. Leiter Rettungsdienst (Notarzt 2010; 30: 188).
Publikationen:Notarzt 2005; 21: 81, Notarzt 2009; 25: 17, Notarzt 2009; 25: 1, Notarzt 2009; 25: 37, Notfall und Rettungsmedizin 2010 online first.
Fachinformation Ketanest S, Fachinformation Ketamin-ratiopharm.

30.08.2010

E-Mail-Hilfe für belastete Einsatzkräfte

Psychosoziale Unterstützung: "Netzwerk Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV)" bietet seit Ende Juli für Einsatzkräfte eine kostenfreie E-Mail-Beratung rund um psychosoziale Belastungen in der Gefahrenabwehr an. E-Mails an einsatzkraft@netzwerk-psnv.de werden innerhalb von 24 Stunden beantwortet.

Die E-Mail-Beratung soll von professionellen qualifizierten psychosozialen Fachkräften durchgeführt werden. Einsatzkräfte die sich belastet fühlen oder Fragen rund um Stress und psychosoziale Gesundheit stellen möchten haben die Möglichkeit, sich vertraulich und unabhängig von ihrer Organisation beraten zu lassen, persönliche Beratungsgespräche zu vereinbaren bzw. weiter führende Hilfen (z. B. therapeutische Hilfen) vermittelt zu bekommen.

Die Organisation "Netzwerk PSNV" (welche Rechtsform sie hat ist der Internet-Präsenz nicht zu entnehmen) ist nicht zu verwechseln mit dem Forschungsprojekt "Netzwerk Psychosoziale Notfallversorgung" zur Entwicklung von Standards in der PSNV.

Quelle: "Netzwerk PSNV"

27.08.2010

Hygiene-Empfehlungen bei Influenza

B-Gefahren: Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat seine Empfehlungen zu Hygienemaßnahmen bei Kontakt mit Influenza-Patienten überarbeitet. Nicht eingegangen wird hier jedoch auf die wichtige Frage welche Mund-Nasen-Maske im Rahmen der persönlichen Schutzausrüstung verwendet werden sollte.

Egal ob Pandemie-Situation oder saisonale Grippe: Der Schutz der Einsatzkräfte und anderer Patienten vor Ansteckung mit Influenza-Viren ist die wohl wichtigste Prämisse beim Umgang mit Influenza-Patienten. Das RKI hat nun seine Empfehlungen zu Hygienemaßnahmen bei Influenza(verdacht) überarbeitet. Hier Auszüge zur präklinischen Versorgung:

"Patiententransport außerhalb des Krankenhauses:
- Vor Beginn des Transportes wird das aufnehmende Krankenhaus über die Einweisung des Patienten und über seine Verdachtsdiagnose / Erkrankung informiert. Die Isolierung des aufzunehmenden Patienten kann dort vorbereitet und der Schutz anderer Patienten eingeleitet werden.
- Falls es der Gesundheitszustand des Patienten zulässt, sollte er mit einem Mund-Nasen-Schutz versorgt werden.
- Unmittelbar nach Transport ist eine Wischdesinfektion sämtlicher zugänglicher Patientenkontaktflächen mit einem Desinfektionsmittel mit nachgewiesener Wirksamkeit für das Wirkungsspektrum „begrenzt viruzid“ durchzuführen.
- Nach Ablegen der Schutzkleidung ist eine Händedesinfektion durchzuführen"

Eine regelmäßig diskutierte Frage ist die welche Art von Gesichtsmaske die richtige ist. Hierauf gibt die o.g. Empfehlung keine Antwort und verweist statt dessen auf den Beschluss 609 des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe zur Arbeitssicherheit bei nicht impfpräventabler Influenza (Stämme für die kein Impfstoff zur Verfügung steht). Hier wird für das Personal eine tätigkeitsbezogene Abstufung der Maskenklasse empfohlen (FFP1 bei allgemeinem Patientenkontakt bis FFP3 für Maßnahmen die Husten provozieren können, z.B. Intubation oder Absaugen). Die meisten Ausführungen chirurgischen Mund-Nase-Schutzes seien nicht ausreichend.

Die Wirksamkeit solcher partikelfilternder Feinsatubmasken ist aber entscheidend vom richtigen Umgang abhängig. Wer nicht in der Handhabung und der Dichtigkeitsprüfung solcher Masken geübt ist wird selten einen hinreichenden Schutz erreichen und damit nicht von einer Feinsatubmaske profitieren. Dies mag ein Grund sein, warum das US-amerikanische Centers for Disease Control and Prevention (CDC) lediglich das tragen von OP-Masken für das medizinische Personal empfiehlt (siehe hier).

Damit bleibt die Frage offen, welche Masken für den Schutz des Personals beim nächsten Influenza-Pandemiefall bevorratet werden sollten.

24.08.2010

Hanta-Virus in Deutschland auf dem Vormarsch

B-Gefahren: In diesem Jahr wurden bereits über 1000 Fälle von Hantavirus-Infektionen in Deutschland gemeldet. Damit wird mit hochgerechnet etwa 2000 Fällen für das komplette Jahr 2010 gerechnet. In früheren Jahren wurden typischerweise 150 - 200 Fälle jährlich bekannt. Damit gehören Hantavirus-Erkrankungen zu den häufigsten meldepflichtigen Erkrankungen. Eine Impfung oder kausale Therapie existiert nicht.

Bereits in den Jahren 2005 und 2007 waren Ausbrüche zu verzeichnen, mit 447 bzw. 1688 gemeldeten Fällen. Diese Zahlen werden in diesem Jahr vermutlich deutlich übertroffen werden. Eine regionale Häufung ist in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Würtemberg zu verzeichnen.

Als Ursache kommt vor allem eine Zunahme der Nagerpopulation in Frage, welche die Hauptüberträger für das Hantavirus aus der Familie der Bunyaviridae sind (Abbildung: Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Hantavirus, Quelle: PHIL). Die Übertragung kommt durch menschlichen Kontakt mit Speichel, Urin oder Kot infizierter Nagetiere (Inhalation kontaminierten Staubs, über kleine Hautverletzungen oder Bisse) zu Stande. Eine Infektion von Mensch zu Mensch ist nicht zu befürchten; Absonderungsmaßnahmen bei infizierten Personen sind nicht notwendig.

Die Erkrankung zeichnet sich durch das gemeinsame Auftreten mehrerer der folgenden Symptome aus:
•Akuter Krankheitsbeginn mit Fieber > 38,5 °C
•Rücken- und/oder Kopf- und/oder Abdominalschmerz
•Proteinurie und/oder Hämaturie
•Serumkreatinin-Erhöhung
•Thrombozytopenie
•Oligurie beziehungsweise nachfolgend Polyurie (Nierenversagen)
Schwere und auch tödliche Krankheitsverläufe sind möglich.

Da eine spezifische Therapie oder Impfung nicht möglich ist, stehen nicht-pharmakologische Vorbeugungsmaßnahmen an erster Stelle: Reduktion der Mäusepopulation und insbesondere die Vermeidung von Staubinhalation und Tierbissen (Feinstaubmaske, Arbeitshandschuhe, Belüftung) bei Arbeiten in möglicherweise von Nagetieren bewohnten Räumen. Bei lokalen Ausbrüchen sollte die Mäusepopulation intensiv bekämpft werden.

Quellen: Dt. Ärzteblatt 107 (2010) A1517-1518, Eurosurveillance 15 (2010) pii=19574, Merkblatt zu Hantaviren-Erkrankungen des RKI

22.08.2010

Sarkozy fordert EU-Katastrophen-Eingreiftruppe

Führung und Taktik: Der französische Präsident Sarkozy hat in einem offenen Brief die Aufstellung einer schnellen Eingreiftruppe der EU für Katastrophen gefordert. Diese soll sich aus militärischen Truppen der Mitgliedsstaaten zusammensetzen und im Bedarfsfall rasch praktische Hilfe leisten.

Im Hinblick auf die Naturkatastrophen in Haiti, Russland und Pakistan schreibt Sarkozy an den EU-Kommissionspräsidenten Barroso: "Eines zeigen die Naturkatastrophen und die Forderungen Frankreichs: Europa ist derzeit offenbar noch weit entfernt, von einer koordinierten, effektiven Hilfeleistung." Und weiter: "Nach Haiti und den Bränden in Russland müssen wir die Konsequenzen ziehen und eine echte EU-Eingreiftruppe für solche Krisenfälle aufbauen, die auf den nationalen Mitteln der Mitglieder beruht." Frankreich werde in Kürze konkrete Vorschläge für eine solche Truppe vorlegen. [Hier der komplette Brief vom 15.8. en francais.]

Auch jetzt gibt es bereits einen Katastrophenschutz-Mechansimus der EU, der sich aus den Instrumenten Beobachtungs- und Informationszentrum (Monitoring and Information Center, MIC; gibt u.a. den täglichen EU-Katastrophenlagebericht MIC Daily heraus), dem Gemeinsamen Notfall Kommunikations- und Informationssystem (Common Emergency Communication and Information System, CECIS), einem Ausbildungs- und Übungsprogramm und eben den von Sarkozy geforderten Katastrophen-Unterstützungsmodulen (Civil Protection Modules). Letztere sind aber offenbar bisher noch nicht mit Leben gefüllt, so dass sich die Katastrophenhilfe der EU bis dato vor allem auf die Koordination der Bevölkerungsschutzeinheiten der Teilnehmerstaaten beschränkt.

Quelle: EurActiv.de

20.08.2010

Bisher keine erhöhte Radioaktivität durch russische Waldbrände

deNIS: Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) nimmt Stellung zur Gefahr erhöhter Radioaktivität in der Atmosphäre aufgrund der Waldbrände in Russland. Bislang sind keine erhöhten Messwerte registriert worden und wohl auch nicht zu erwarten.

Nach dem Reaktor-GAU in Tschernobyl 1986 wurde eine größere Menge Radionuklide freigesetzt, die sich auch jetzt noch in der Umwelt rund um den Schadensort befinden. Durch Brände könnten diese Stoffe in die Atmosphäre und, bei ungünstigen Wetterbedingungen, auch bis nach Deutschland gelangen. Dies sei bei den aktuellen Waldbränden aber noch nicht der Fall gewesen. Das Bundesamt für Strahlenschutz räumt in der aktuellen Meldung aber ein, dass bei einem früheren Brand schon einmal radioaktive Teilchen bis in den Südwesten Deutschlands getragen wurden.

Eine weitere Gefahr stellen die Brände rund um atomare Anlagen in Russland dar. Sollten die Feuer auf diese übergreifen könnte weiteres strahlendes Material freigesetzt werden. Die Freisetzung von gefährlichen Stoffen durch Naturkatastrophen wird als Natech-Unfall bezeichnet.

Mehr zum Thema Natech-Unfälle findet sich im Magazin Bevölkerungsschutz 04/2008, S. 28ff.

Quellen: deNIS-Meldung, Meldung des BfS vom 11.8.

17.08.2010

Verkürzung der Zivildienst- und Verpflichtungszeit für freigestellte Helfer

Führung und Taktik: Die Wehr- und Zivildienstzeit wird auf sechs Monate verkürzt. Dies hat auch Auswirkung auf freigestellte Helfer für den Zivil- und Katastrophenschutz: Diese müssen ab dem 01.12.2010 nur mehr vier statt bisher sechs Jahre Dienst leisten.

So hat es das Wehrrechtsänderungsgesetz beschlossen. Die Übergangsregelung für die Helferfreistellung sieht folgendes vor: Wer die vier Jahre Dienst am 30.11. oder später erbracht hat bekommt die verbliebene Zeit erlassen. Vorsicht ist bei Unterbrechungen des Dienstes geboten.

Mehr zum Thema Freistellung für den Bevölkerungsschutz:
- Meldung des BBK
- Wehrrechtsänderungssgesetz im Bundesgesetzblatt
- Fragen und Antworten zum Thema auf den Seiten des BBK.

31.07.2010

KatMedBevSchtz-Audio und -Video jetzt über iTunes

In eigener Sache: Die Audio- und Videobeiträge des KatMedBevSchtz-Blog sind ab sofort via iTunes download- und als Podcast abonnierbar.

Hier ist der Link zum KatMedBevSchtz-Podcast. Zusatzinformationen zu den Beiträgen gibt es wie gewohnt in der Audio-Rubrik des Blogs. Viel Spass beim Zuhören und Reinschauen!

28.07.2010

Artikel zu Crisis Resource Management (CRM) in Notfall und Rettungsmedizin

Führung und Taktik: Die Bedeutung und Umsetzung von Crisis Resource Management (CRM) Techniken in der Akutmedizin beleuchtet auf anschauliche Weise ein soeben erschienener Artikel in der Zeitschrift Notfall und Rettungsmedizin. Flankiert wird dieser lesenswerte Beitrag von weiteren Publikationen zum Themenkomplex Faktor Mensch (Human factors) in der Notfallmedizin.

Neben der Vermittlung eines inhaltlichen Überblicks über die Komponenten von CRM in der Akutmedizin beinhaltet der Beitrag auch ein Plädoyer für die Umsetzung systematischen Teamtrainings in den Hochrisiko- bzw. Hochverlässlichkeitsbereichen der Medizin. Besonders erläutert wird die 10-Sekunden-für-10-Minuten-Technik: Selbst in kritischen Situation lohnt es sich oft die Arbeit für eine ultrakurze Teambesprechung zu unterbrechen um den kollektiven Situationsüberblick im Team herzustellen und das Teamwissen in die Entscheidungsprozesse integrieren zu können.

Dem interessierten Leser sei auch nochmals unser Buchtipp zum Thema Faktor Mensch in der Akutmedizin ans Herz gelegt: Notfallmanagement - Human Factors in der Akutmedizin (Springer Verlag).


Autoren: M. Rall, C.K. Lackner
Titel: Crisis Resource Management (CRM): Der Faktor Mensch in der Akutmedizin
Medien-Art: Aufsatz
Zeitschrift: Notfall und Rettungsmedizin
URL: DOI: 10.1007/s10049-009-1271-5
Erscheinungsdatum: 2010 (online first)
Umfang: 9 Seiten
Preis: kostenpflichtig (Abo bzw. 34 € im Einzelbezug, eventuell über Bibliotheksfernleihe günstiger).