09.12.2010

Psychologie und Krisenverhalten

Forschung: Zwei aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen beschäftigen sich mit dem Thema Krisenpsychologie. In der Zeitschrift New England Journal of Medicine (NEJM) werden die Reaktionen auf Impfangebote gegen die pandemische Influenza diskutiert. Ein Artikel in Psychological Science deckt einen Zusammenhang zwischen angstschürender Berichterstattung in den Medien und der Bereitschaft vorgeschlagene Maßnahmen des Krisenmanagements zu befolgen auf.

Obwohl die abgelaufene Grippepandemie weniger dramatisch ablief als befürchtet war sie ein guter Testlauf für das weltweite Krisenmanagement, meinen Katherin Harris & Co. in NEJM (N Engl J Med 2010; 363:2183-2185). Offenbar wird, dass es nicht gelungen ist die Bevölkerung rechtzeitig gegen die neue H1N1-Influenza zu immunisieren. Neben der verspäteten Verfügbarkeit eines Impfstoffs lag dies auch an der mangelnden Bereitschaft der Bevölkerung sich impfen zu lassen. In den USA ließen sich nur 20% die Impfung verpassen, und selbst unter Beschäftigten im Gesundheitsbereich lag die Impfquote nur bei mauen 50%. Insbesondere diejenigen die auch die saisonale Grippeimpfung ablehnen standen dem Pandemie-Impfstoff skeptisch gegenüber.

Folglich reicht es bei weitem nicht aus einen sicheren, effektiven Impfstoff rasch in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen. Vielmehr muss auch bei den potentiellen Empfängern die Bereitschaft geschaffen werden die Immunisierung anzunehmen. Die Kenntniss wie dies bewerkstelligt werden könnte ist jedoch noch unterentwickelt: Forschungsgelder fließen fast ausschließlich in die biomedizinische Impfforschung, während die sozial- und verhaltenswissenschaftlichen Aspekte der Notfallvorsorge kaum gefördert werden.

Einen Hinweis wie Vertrauen in die Empfehlungen der Wissenschaftler geschaffen oder verloren werden kann liefert die Zeitschrift Psychological Sciences in der Januar-Ausgabe laut einer Pressemeldung: Setzt man Versuchspersonen Nachrichtenartikel vor, die die Gefahren der globalen Erwärmung betonen und entsprechend Endzeit-artige Szenarien herauf beschwören sinkt das Vertrauen in den Wahrheitsgehalt der Aussagen des Artikels. Werden demgegenüber jedoch mögliche Lösungen des Klimaproblems in den Vordergrund gerückt und damit eine Perspektive geboten steigt die Glaubwürdigkeit der dargebotenen Fakten und gleichzeitig auch die Bereitschaft zur eigenen Verhaltensänderung.

Diese Erkenntnisse können Grundlagen für eine wissenschaftlich fundierte Krisenkommunikation liefern. So folgern die Autoren aus Ihrer Arbeit: "Angst-gestützte Apelle, insbesondere wenn sie nicht mit klaren Lösungsperspektiven verbunden werden, können das Gegenteil des gewünschten Effekts erzielen", nämlich das Vertrauen in die Handlungsempfehlungen zu schmälern anstatt zu einer zielgerichteten, situationsadäquaten Verhaltensänderung zu motivieren.

1 Kommentar:

  1. Das Problem dürfte eher sein, dass immer weniger Leute der Pharmalobby glauben, dass der Impfstoff sicher und effektiv ist angesichts sich häufender Berichte rund um Impfschäden und Geldmacherei.

    Wäre der Impfstoff sicher und effektiv würden sich ohne Probleme mehr Leute impfen lassen ;)

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