23.02.2011

Versorgungssicherheit mit Blutprodukten

Kritische Infrastruktur: Bei ausgedehnten Ausbrüchen von Infektionskrankheiten oder Pandemien ist die Versorgung der Bevölkerung mit Blutprodukten gefährdet. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über Maßnahmen zur Sicherstellung der Blutversorgung in der Pandemie-Situation.

Falls weite Teile der Bevölkerung erkranken kann eine Versorgung mit Blutprodukten im gewohnten Maße u.U. nicht aufrechterhalten werden da 1. potentielle Spender erkrankt sind oder 2. erkrankte Angehörige pflegen müssen oder 3. Angst vor Ansteckung im Rahmen der Blutspende haben oder 4. durch Erkrankung der Mitarbeiter der Blutversorgungsinfrastruktur (Ärzte, Punktionspersonal, Labor, Fahrer etc.) eine normale Bearbeitung und Auslieferung unmöglich wird.

Um diesem Risiko entgegen zu wirken gibt es eine ganze Reihe von Planungen für den Pandemiefall. In einem Votum des Arbeitskreises Blut des Bundesgesundheitsministerium sind 8 Maßnahmen beschlossen worden (Bundesgesundheitsblatt 2010), die da sind:

- Erstellung von Pandemieplänen in Blutspendeeinrichtungen und Einrichtungen der Krankenversorgung.
- Öffentlichkeitsarbeit zur erfolgreichen Rekrutierung von Blutspendern während der Pandemie.
- Organisatorische Maßnahmen der Blutspendeeinrichtungen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit.
- Impfung des für die Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen unverzichtbaren Personals.
- Organisatorische und Hygiene-Maßnahmen zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Infektionen bei den Spendeterminen.
- Information spendewilliger Personen über diese Hygiene-Maßnahmen zur Reduzierung der Angst vor Ansteckung bei einem Spendetermin.
- Organisatorische Maßnahmen für die Kooperation der Blutspendeeinrichtungen.
- Organisatorische Maßnahmen in den Einrichtungen der Krankenversorgung zur Verringerung des Verbrauchs von Blutkomponenten.

Letzteres beinhaltet u.a. die Information des Krankenhauspersonals, die Absetzung elektiver Operationen mit hoher Transfusionswahrscheinlichkeit und die strenge Indikationsstellung zur Transfusion. Für diese Maßnahmen sind die jeweiligen Transfusionsbeauftragten und -verantwortlichen zuständig.

Auch die Spendergewinnung soll erleichtert werden, indem die Auswahlkriterien für Spender in Bezug auf Alter, Gesundheitszustand und Hb-Konzentration angepasst werden (Blutspende-Pandemie-Verordnung).

Kommentar:
Das Bedauerliche an diesen Planungen ist die spezifische Ausrichtung auf eine Influenza-Pandemie. Insbesondere die Blutspende-Pandemie-Verordnung legt sogar den exakten Virussubtyp (A/H1N1) als Geltungskriterium fest. Doch was wenn plötzlich die aviäre Influenza (Vogelgrippe / H5N1) oder eine Freisetzung des Pockenvirus auftritt? Gibt es dann einen neuen, abweichenden Plan? Das schafft letztlich nur Unsicherheit. Angemessener wäre eine dem All-hazards-Ansatz [KatMedBevSchtz-Lexikon] entsprechende, allgemeinere Planung für B-Lagen gewesen, bei der nicht für jede Siutation das Rad neu erfunden werden muss.

Verwandte Artikel:
- RKI-Merkblatt Influenza überarbeitet (11.02.2011)
- Neuauflage Handbuch betriebliche Pandemieplanung (18.01.2011)
- Alle Artikel der Rubriken kritische Infrastruktur oder B-Gefahren

Quellen / weiterführende Literatur:
- Arbeitskreis Blut des Bundesministeriums für Gesundheit. Aufrechterhaltung der Blutversorgung bei einer Influenza-Pandemie. Bundesgesundheitsblatt 2010 (53) 84. Online erhältlich auf den Seiten des RKI.
- Blutsprende-Pandemie-Verordnung. Bundesgesetzblatt 2009 (80) 3946.
- Arbeitskreis Blut. Aufrechterhaltung der Versorgung mit Blutprodukten im Falle einer Influenza-Pandemie. Bundesgesundheitsblatt 2009 (52) 1210 - 1222. Online erhältlich auf den Seiten des RKI.
- Biscoping J. Strategien des Arbeitskreises Blut des Bundesministeriums für Gesundheit für Pandemien und Versorgungsengpässe mit Blutkonserven. Anästhesiologie & Intensivmedizin 2011 (52) 102 - 105.

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