18.04.2011

Tranexamsäure rettet blutende Traumapatienten

Forschung: Traumapatienten mit unkontrollierbarer Blutung profitieren bisher nicht von einer präklinischen Notfalltherapie, sondern nur von einer möglichst raschen chirurgischen Blutstillung in der Klinik. Die möglichst frühe Gabe des Medikaments Tranexamsäure kann aber helfen, Traumapatienten vor dem Verbluten zu retten.

Die sogenannte CRASH-2-Studie konnte zeigen, dass der Einsatz von Tranxamsäure bei Traumapatienten, die aktiv bluten oder ein hohes Risiko hierfür haben, innerhalb von 8 Stunden nach dem Trauma die Sterblichkeit senkt [1]. Hierfür wurde den Patienten ein Bolus von 1 g über 10 Min. verabreicht, gefolgt von einer Dauerinfusion von 1 g über 8 Stunden. In diese multizentrische, randomisierte, doppelblinde, Plazebo-kontrollierte Studie wurden über 20.000 Patienten eingeschlossen.

In einer kürzlich veröffentlichten Nachauswertung der Studie wurde festgestellt, dass dieser Effekt auf der Verhinderung von Todefällen durch Verbluten beruht, und um so ausgeprägter ist, je früher die Behandlung gegonnen wird.

Bekommen blutungsgefährdete Traumapatienten bereits innerhalb der ersten Stunde Tranexamsäure verabreicht, so sinkt ihr Sterberisiko um 31 %. Es müssen 42 Patienten behandelt werden, um ein Leben zu retten (number needed to treat (NNT) = 42). Wird die Behandlung später als eine Stunde nach Trauma initiiert, ist der Nutzen weniger stark ausgeprägt. Beginnt die Behandlung später als 3,5 Stunden ist das Risiko zu verbluten sogar erhöht [2].

Gerade in ländlichen Gebieten schaffen es die wenigsten polytraumatisierten Patienten innerhalb einer Stunde im Krankenhaus versorgt zu werden. Daher ist der Einsatz von Tranxamsäure (zumindest die Gabe des initialen Bolus von 1 g) bereits im Rettungsdienst eine ernst zu nehmende Option. Auch im Katastrophenfall könnte Tranexamsäure helfen, die Zeit bis zur definitiven Blutstillung im OP zu überbrücken.

Tranexamsäure hemmt die Fibrinolyse, also die körpereigene enzymatische Auflösung von Blutgerinnseln, und unterstützt so die Blutgerinnung. Es wird routinemäßig in der Herzchirurgie eingesetzt um den Transfusionsbedarf zu senken. Es ist gut verträglich, hat eine große therapeutische Breite, und wird auch zur Behandlung von bedrohlichen Blutungen unter Fibrinolyse-Therapie eingesetzt. In Deutschland ist Tranexamsäure unter dem Namen Cyklokapron im Handel. 2 g kosten lt. Rote Liste knapp 26,- €. Bei einer NNT von 42 muss man also ca. 1090,- € einsetzen um ein Leben zu retten.

Quellen / weiterführende Informationen:
- The Lancet-Homepage zur CRASH-2-Studie
[1] CRASH-2-Studie, Lancet 376 (2010): 23-32 (pdf, englisch, freier Volltext)
[2] Nachanalyse zu CRASH-2, Lancet 377 (2011): 1096-1101 (pdf, englisch, freier Volltext)

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