05.03.2011

DINK 2011: PSU-Aspekte von Amoklagen in Schulen

Kongressbericht: In der Sitzung "Großschadenlage/Amoklage" auf dem DINK 2011 sprach Frank Waldschmidt aus Barsinghausen über Aspekte der psychosozialen Unterstützung nach schulischen Amoklagen am Beispiel von Winnenden und Sankt Augustin.

Nach terrorartiger schulischer Gewalt leiden nicht nur die unmittelbar Betroffenen: Nach dem Amoklauf von Winnenden waren auch bei Schülerinnen und Schüler benachbarter, nicht-betroffener Schulen akute Belastungsreaktionen zu verzeichnen. Bei den Polizeikräften stieg die Nachfrage nach PSU um etwa 70 %.

Waldschmidt führte seine Erkenntnisse am Beispiel Sankt Augustin in Nordrhein-Westfalen aus: Im dortigen Schulzentrum (Haupt-, Realschule und Gymnasium in einem Gebäudekomplex, 1400 Schüler) brachte am 11.05.09 eine 16-jährige Gymnasiastin einen Rucksack mit 10 Molotow-Cocktails, einer Gaspistole und einem Messer auf eine Toilette und begann sich zu vermummen. Dabei wurde sie von einer anderen Schülerin beobachtet. Bei dem folgenden Kampf wurde diese an der Hand verletzt, flüchtete sich ins Sekretariat. Die Täterin tauchte unter. Im Rahmen der Vorbereitung hatte sie sich auch Schlüssel für die Klassenzimmer besorgt um die Abwehrtaktik der Schule zu durchbrechen, welche in Einsperren im Klassenzimmer bestand.

Bei dem folgenden Amokalarm waren allein auf Polizeiseite u.a. drei Hundertschaften und ein SEK im Einsatz. Da die mutmaßliche Täterin nicht gefunden werden konnte mussten die Schüler über etwa drei Stunden im Klassenzimmer verharren.

Der Einsatzschwerpunkt des Rettungsdienstes lag auf der PSU: Hierfür wurde ein eigener Einsatzabschnitt gebildet und mit einem Fachberater für schulische Krisenintervention ausgestattet. Die Einsatzkräfte waren v.a. im Wartebreich der Eltern, am Evakuierungspunkt und bei der Zusammenführung von Eltern und Kindern tätig.

Auch nach Abschluss des Akuteinsatzes wurden die Betreuungsangebote wie PSU-Hotline, Elternbrief und persönliche Gespräche aufrecht erhalten. Besondere Aufmerksamkeit wurde den Personen mit dem höchsten Traumatisierungsrisiko gewidmet: Der Opferklasse, der Täterklasse, einer nach Hilferufen vom SEK eilig evakuierten 5. Klasse, Hausmeister und Sekretärinnen.

Unverständnis äußerte der Referent für die Diskrepanz zwischen dem Vorbeugungsaufwand für den Brandschutz und den für Amoklagen, obwohl hierbei deutlich mehr Schüler zu Schaden kamen als bei Schulbränden.

Der 2. Deutsche Interdisziplinäre Notfallmedizin Kongress (DINK) fand vom 24. bis 26.02.2011 in Wiesbaden statt. Homepage: www.dink2011.de.

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