06.11.2010

Diskrepantes Sicherheitsniveau im Reiseverkehr

Kommentar: Beim Fliegen herrscht eine echte Zwei-Klassen-Abfertigung, zumindest was das Sicherheitsniveau angeht: Fluggäste werden im wahrsten Sinne des Wortes bis auf die Haut gescannt, während Luftfracht (bisher) nur stichprobenartigen Sicherheitskontrollen unterworfen wird. Und im Bahn- und Schiffsverkehr gibt es praktisch gar keine Kontrollen. Das wirft die Frage auf ob diese Zwei-Klassen-Sicherheit Sinn macht.

Terroristen schmuggeln Bomben in Flugzeuge - doch diesmal nicht im Handgepäck als zu mischende Flüssigkeiten o.ä. sondern indirekt per Luftfracht. Gleich zwei unabhängige Serien solcher Paketbombenanschläge sind in diesen Tagen omnipräsent in den Medien: Einmal ging es im Namen Osama Bin Ladens vom Jemen an verschiedene jüdische Einrichtungen in den USA, das andere Mal waren es griechische Terroristen die es auf europäische Staatsorgane abgesehen hatten. Beim ersten Beispiel ist es dem saudischen Geheimdienst zu verdanken, dass die explosive Fracht rechtzeitig abgefangen wurde (und ohne die sehr konkreten Hinweise wäre der Sprengstoff selbst bei der Überprüfung nicht gefunden worden), die Sprengsätze der zweiten Serie haben es bis zum Empfänger geschafft. Wieder einmal ist es den Terroristen, ob hoch- oder nur mittelgradig organisiert, gelungen eine Sicherheitslücke auszunutzen, und im internationalen Luftfrachtverkehr mal kräftig auf die Bremse zu treten. Es muss zweifelsohne von Glück gesprochen werden, dass nichts Schlimmeres passiert ist.

Die weitere Entwicklung ist leicht vorherzusagen: Die Schwächen in der Luftfrachtsicherheit werden unter großem Aufwand geschlossen werden, während sich al-Qaida eine neue Schwachstelle suchen und erneut zuschlagen wird. Vielleicht schaffen wir es ja das eine oder andere Mal den militanten Extremisten zuvor zu kommen und Sicherheitslücken zu schließen bevor sie missbraucht werden. Was wäre etwa einfacher als eine Bombe in einen Schnellzug zu schmuggeln und bei voller Fahrt explodieren zu lassen? Was wenn gerade ein zweiter ICE entgegen kommt? Ein zweites Eschede wäre garantiert. Nicht viel freundlicher sähe es bei einem Bombenanschlag auf ein großes Passagierschiff auf hoher See aus. Man muss sich kritisch fragen warum die Kontrollen an Flughäfen derart scharf und an Bahnhöfen praktisch inexistent sind.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Ganz so leicht wird es nicht sein, dann wer möchte schon auf seinem täglichen Weg mit dem Zug zur Arbeit eine halbe Stunde für Nacktscanner-gestützte Sicherheitskontrollen aufwänden - von den Kosten ganz zu schweigen? Gegen den organisierten internationalen Terrorismus hat sich die Staaten übergreifende Zusammenarbeit der Geheimdienste im jüngsten Fall bewährt. Gegen spontane Einzeltäter wird so schnell jedoch kein Kraut gewachsen sein. Wie aber kann man Bahnfahrgäste schützen wenn sich die Wahrscheinlichkeit solcher Anschläge nicht reduzieren lässt? Nach der Risikoformel (Risiko = Eintrittswahrscheinlichkeit x Schadensausmaß) blieben noch die klassischen Maßnahmen der Katastrophenvorbereitung zur Senkung des Schadenspotentials: Erstellen und Beüben von Alarmplänen, Ausbildung, Material- und Personalvorhaltung etc. Doch sind wir auch auf innovative Ideen in der Schadensprävention angewiesen. Wie wäre es beispielsweise mit der Entwicklung sichererer Züge: Man stelle sich einen Wagon vor der bei einer Detonation die Druckwelle durch Sollbruchstellen nach oben ableitet anstatt aus dem Gleis gerissen zu werden. Die Frage nach der Machbarkeit solcher Konzepte sollte den Ingenieuren gestellt werden - und nicht am Geld scheitern.

Bei der Terrorabwehr müssen wir Fantasie und Entschlossenheit an den Tag legen, sonst wird es eines Tages doch noch ein böses Erwachen im eigenen Land geben.

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